Wirksamkeit von Musiktherapie bei hospitalisierten chronisch erkrankten Kindern und Jugendlichen

Eine aktuelle Studie an der Universitätsmedizin Essen zeigt, dass Musiktherapie, unabhängig von der Schwere der Erkrankung, einen Mehrwert für Kinder mit chronischen Erkrankungen während ihres Krankenhausaufenthaltes bieten kann.

Die Diagnose einer chronischen gastroenterologischen und nephrologischen Erkrankung bei Kindern ist für diese und ihre- Familien mit körperlichen und psychischen Belastungen verbunden (Stenberg et al., 2010). Die Kinder werden meist für längere Zeit stationär behandelt. Während dieser Zeit entwickeln sie aufgrund verminderter sozialer und körperlicher Aktivitäten sowie hoher Infektionsrisiken intensive emotionale Reaktionen, die zu Wut, Angst und Verwirrung führen können (Abad et al., 2010). Depressionen, Angstzustände oder Stress können zu einem Anstieg der Herzfrequenz führen (Moser et al., 1998). In den letzten Jahrzehnten wurden nicht-pharmakologische Ansätze wie die Musik- und Kunsttherapie in der medizinischen Behandlung weltweit implementiert (Bradt et al., 2016). Es wurde festgestellt, dass improvisatorische musikalische Aktivität mit therapeutischen Zielen Motivation, Kommunikationsfähigkeit und soziale Interaktion fördert sowie Aufmerksamkeit aufrechterhält und entwickelt (Wigram et al., 2006).

Frühere Studien mit Musiktherapie im Bereich der Neonatologie haben gezeigt, dass Musiktherapie sowohl auf den allgemeinen Verhaltenszustand als auch auf physiologische Parameter wie Sauerstoffsättigung, Herzfrequenz und Atemfrequenz stabilisierend und entspannend wirkt (Bieleninik et al., 2016; Haslbeck et al., 2012).

Um die Auswirkungen der Musiktherapie auf die Vitalparameter Herzfrequenz und Sauerstoffsättigung von hospitalisierten chronisch erkrankten Kindern in Abhängigkeit von der Art der medizinischen Versorgung und der Art der Musiktherapie zu untersuchen, wurden in der genannten Studie 377 Musiktherapiesitzungen bei 83 Kindern (männlich 48, weiblich 35) im Alter von einem Monat bis achtzehn Jahren zwischen November 2020 und Oktober 2021 an der Universitätsmedizin Essen durchgeführt.

Je nach Gesundheitszustand wurden die Kinder auf einer pädiatrischen Intensivstation oder einer allgemeinen pädiatrischen Station behandelt und erhielten von der Aufnahme in die Klinik bis zur Entlassung zwei- bis viermal pro Woche eine individuelle aktive oder rezeptive Musiktherapie. In der aktiven Musiktherapie hatte der Patient die Möglichkeit, mit der eigenen Stimme, mit Instrumenten allein oder gemeinsam mit der Musiktherapeutin zu improvisieren. Waren die Kinder sehr schwach oder müde und konnten nicht aktiv spielen, erhielten sie eine rezeptive Musiktherapiesitzung, bei der sie der individuell von der Musiktherapeutin gespielten Musik zuhörten. Abgesehen von der Musiktherapie gab es keine Unterschiede in der medizinischen Versorgung.

In dieser prospektiven Interventionsstudie mit Live-Musiktherapie konnte gezeigt werden, dass die Musiktherapie bei hospitalisierten Kindern mit chronischen gastroenterologischen und nephrologischen Erkrankungen die Vitalfunktionen stabilisiert, was sich in einer verringerten Herzfrequenz von 18,1 Schlägen pro Minute und einer erhöhten Sauerstoffsättigung von 2,4 % nach den musiktherapeutischen Sitzungen widerspiegelte. Eine Differenzierung nach dem Alter zeigte, dass die Verbesserungen der Werte in allen Altersgruppen vorhanden waren. Die Herzfrequenz und Sauerstoffsättigung verbesserten sich auch bei beiden Arten der Musiktherapie und sowohl auf der Intensivstation als auch auf einer allgemeinen pädiatrischen Station. Dies zeigt, dass die Patienten, unabhängig vom Schweregrad der Erkrankung, gleichermaßen von der musiktherapeutischen Intervention profitieren.

Diese Ergebnisse belegen, dass die Live-Musik am Patientenbett einen zusätzlicher Nutzen für die Kinder während ihres Krankenhausaufenthaltes bieten kann, und somit eine vertrautere und häuslichere Umgebung erzeugt (Petrucci, 2018).

Zusammenfassend bestätigt die Studie frühere Erkenntnisse zur stabilisierenden Wirkung der Live-Musiktherapie auf die Vitalparameter Herzfrequenz und Sauerstoffsättigung. Es wurden neue Erkenntnisse darüber gewonnen, dass Musiktherapie bei hospitalisierten Kindern mit chronischen gastroenterologischen und nephrologischen Erkrankungen wirksam ist, unabhängig davon, wie gut es den Kindern geht. Musiktherapie ist auch bei schwerkranken Kindern auf der Intensivstation sehr effektiv.

Literatur:

Abad, C.; Fearday, A.; Safdar, N. Adverse effects of isolation in hospitalised patients: A systematic review. J. Hosp. Infect. 2010, 76, 97–102. doi: 10.1016/j.jhin.2010.04.027

Bieleninik, Ł.; Ghetti, C.; Gold, C. Music Therapy for Preterm Infants and Their Parents: A Meta-analysis. Pediatrics 2016, 138, e20160971. doi: 10.1542/peds.2016-0971

Bradt, J.; Dileo, C.; Magill, L.; Teague, A. Music interventions for improving psychological and physical outcomes in cancer patients. Cochrane Database Syst. Rev. 2016, 8, CD006911. https://doi.org/10.1002/14651858.CD006911.pub3

Haslbeck, F.B. Music therapy for premature infants and their parents: An integrative review. Nord. J. Music Ther. 2012, 21, 203–226. https://doi.org/10.1080/08098131.2011.648653

Moser, M.; Lehofer, M.; Hoehn-Saric, R.; McLeod, D.R.; Hildebrandt, G.; Steinbrenner, B.; Voica, M.; Liebmann, P.; Zapotoczky, H.-G. Increased heart rate in depressed subjects in spite of unchanged autonomic balance? J. Affect. Disord. 1998, 48, 115–124. https://doi.org/10.1016/S0165-0327(97)00164-X

Petrucci, N. Beyond bleeps and alarms: Live music by the bedside in the ICU. Intensiv. Care Med. 2018, 44, 2282–2283. doi: 10.1007/s00134-018-5263-0

Stenberg, U.; Ruland, C.M.; Miaskowski, C. Review of the literature on the effects of caring for a patient with cancer. Psycho-Oncology 2010, 19, 1013–1025. doi: 10.1002/pon.1670

Wigram, T.; Gold, C. Music therapy in the assessment and treatment of autistic spectrum disorder: Clinical application and research evidence. Child 2006, 32, 535–542. https://doi.org/10.1111/j.1365-2214.2006.00615.x

Link zum Paper: https://doi.org/10.3390/ijerph19116544

Sie haben ein gutes Herz?

- jede Spende zählt!